Stellungnahme
zum Bericht des Bund-Länder-Kooperationsausschusses zum Stand des
Ausbaus von Wind- und Solaranlagen in Deutschland vom 22.10.21,
veröffentlicht am 28.10.21
Durch
Windanlagen nachteilig betroffene Anwohner und Umweltschützer sehen
sich in Ihren kritischen Einschätzungen durch diesen Bericht vollauf
bestätigt
Viele
in den Medien herumschwirrende Narrative für noch mehr und noch
schneller zu genehmigende Windanlagen lösen sich in Luft auf.
1.
Zunächst
stellt der Bericht klar, dass die Dauer der Genehmigungsverfahren für
Windanlagen onshore in der Regel weit unterhalb eines Jahres liegen.
Länger sind sie nur, wenn die Anträge aufgrund Verschulden der
Projektierer nicht vollständig sind oder bei großen
Windindustriegebieten oder wegen betroffener Schutzgebiete oder
besonderen EU-Rechts typischerweise länger dauern. Doch selbst dann
werden 2 Jahre nur selten überschritten.
Der
Bericht Seite 38ff. stellt dazu fest:
„Demnach dauerten Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an
Land deutschlandweit im Berichtszeitraum im Median 6,3 Monate, im
Durchschnitt betrug die Dauer 7,6 Monate……..
Im Rahmen einer Studie wurde ermittelt, dass die Dauer für
Genehmigungsverfahren mit Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) durchschnittlich 23 Monate beträgt, während bei Verfahren
ohne UVP-Pflicht die durchschnittliche Dauer bei 16 Monaten liegt,
sofern die Antragseinreichung als Startpunkt gewählt wird“, also
nicht ab Vollständigkeit eines Antrags, für die allein der
Projektierer Verantwortung trägt. Diese Studie wiederum ist von
einer der Windindustrie nahe stehenden Einrichtung erhoben worden.
Die
von interessierter Seite in den letzten Monaten kolportierten Dauer
solcher Verfahren von 6 oder 7 Jahren, die sich sogar Minister
offensichtlich ungeprüft zu eigen machten, erweisen sich als völlig
aus der Luft gegriffen. Es zeigt sich ein Sturm im Wasserglas. Noch
kürzer sind Verfahren nicht durchzuführen für Mammutanlagen von
inzwischen bis zu 265m Höhe. Der Unfall einer solchen industriellen
Großanlage bei Haltern sollte eine Warnung sein.
2.
Auch
die Klagen von Anwohnern sind im Verhältnis zur gesamten Zahl von
Klagen marginal und die Klagen wegen Artenschutz liegen nur im
Mittelfeld. Selbst die Gesamtzahl von Klagen im Verhältnis zu
genehmigten Anlagen liegen bei weit unter 10%. Angesicht dessen muss
die Politik sich fragen lassen, ob sie nicht ungeprüft einem Popanz
der Windindustrie folgte und derer breit gestreuten aber nicht
belastbaren Narrative fälschlich aufgesessen ist
3.
Sodann
zeigt der Bericht dass nach dem vorgezogenen Zubau mit Windanlagen
2015-2018 im Vorfeld der Systemänderung in Richtung neuer
Ausschreibungsregeln ab 2017, nun die Projektpipeline wieder gut
gefüllt ist und schon letztes Jahr wieder in Richtung 2000MW und
dieses Jahr über 3000MW installierte Leistung errichtet werden. In
Genehmigungsverfahren befinden sich sogar über 10.000MW. Angesichts
der kurzen Genehmigungsverfahren erreichen wir also inzwischen einen
gleichen oder höheren Zubau als in Spitzenjahren, insbesondere
bezogen auf den mit diesen Anlagen produzierten Strom.
4.
Der
Bericht zeigt auch, dass in 2020 der PV-Zubau die Erwartung (4,8 GW
gegenüber 2,5 GW nach EEG) weit übersteigt. „Verglichen mit dem
Zuwachs bei Wind an Land wurde damit 2020 viermal so viel
PV-Kapazität in Deutschland zugebaut“. Deshalb ist eine praktische
Alternative dass auf
jedes Dach eine PV-Anlage gehört statt Windkraft in unbebauter
Landschaft und Schutzgebieten.
Insoweit geht Bayern mit wenig Windanlagen aber extrem vielen
PV-Anlagen einen in vielerlei Hinsicht ökologischeren Weg, wenn auch
die Ausweitung von PV-Flächen im Agrarbereich überdacht werden
sollten.
5
Der
durch diverse Interessen in den Medien orchestrierte Flächenbedarf
für Windanlagen besteht nicht
Der
Bericht offenbart allerdings eine markante Schwäche. Er stellt nur
auf Flächen und installierte MW der errichteten Anlagen ab, aber
nicht auf den durch die in Betrieb befindlichen Anlagen und den von
ihnen produzierten Strom. Insbesondere findet sich kein Überblick
über die Höhen der inzwischen üblichen Anlagengeneration 250m+.
Denn in diesen Höhen herrscht die 2 bis 3-fache Windgeschwindigkeit
verglichen mit den früher etwa 100m hohen Anlagen. Die 2-fache
Windgeschwindigkeit führt zum 8-fachen Stromertrag und die 3-fache
Windgeschwindigkeit zum 27-fachen Stromertrag. Solche
Höhenverhältnisse führen in Verbindung mit den installierten MW
dazu, dass schon in diesem Jahr die immer höheren Anlagen durch den
physikalischen Effekt der 3.Potenz gesteigerten Stromertrag im
Verhältnis zum Windaufkommen mehr Strom erzeugen werden als in den
Rekordzubaujahren 2015-2018. Es kommt deshalb entscheidend auf die
Höhe und den Stromertrag der Windanlagen an. Schlichte
Mengenextrapolationen installierter MW von der Vergangenheit in die
Zukunft sind bei PV möglich verbieten sich aber bei Windanlagen.
Hier hat der Bericht eine signifikante blinde Stelle.
Die
Verfügbarkeit wie auch Notwendigkeit von Flächen ist deshalb
konsequent zu hinterfragen und erst recht angesichts der sowieso
bestehenden baurechtlichen Privilegierung im Außenbereich. Denn
diese Privilegierung bedarf grundsätzlich keiner Flächen, da
grundsätzlich überall im Außenbereich Windanlagen errichtet werden
dürfen, ausgenommen Schutzgebiete. Und das Opfern dieser
Schutzgebiete ist die wahre aber fachlich nicht belastbare oder
belegte Intention des Berichts, jedenfalls wenn man die politische
Begleitmusik hört. Genau das sind die Konflikte vor denen Betroffene
und Naturschützer seit langem als unnötig warnen.
Denn
der Druck der Projektierer in die Schutzgebiete verbietet sich nicht
nur angesichts einer mit den Klimaproblemen vergleichbaren jedenfalls
gleichrangigen Herausforderungen des Arten- und Biotopschutzes.
Gerade der Green Deal der EU verpflichtet die Mitgliedsländer wie
Deutschland 30% der Flächen industriefrei der Natur zuzuführen und
ihr vorzubehalten, wenn wir überhaupt noch den seit 20 Jahren
sinkenden Zustand der Biodiversität retten wollen. Es ist deshalb
erschreckend feststellen zu müssen, dass viele Umweltverbände sich
dieser Aufgabe aus politischen und weiteren Gründen entziehen.
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Windanlagen
können deshalb und stehen nie im "besonderen öffentlichen
Interesse". Dieses in Zukunft harte Tabukriterium verbietet die
Ausweisung von 2% Flächen für Windanlagen. Er ist aber auch gar
nicht nötig, weil die höheren Anlagen und höheren
Windgeschwindigkeiten es ermöglichen auf unter 1% der Landesflächen
die EE-Stromproduktion von 65% bis 2030 sicher zu erreichen. Das
2%-Ziel kann zudem schon deshalb wird nie erreicht werden, wenn die
Windlobby weiter gegen fast alle Flächenplanungen klagt. Außerdem:
Wenn das 2%-Ziel erreicht ist (z.B. Bbg) gibt es keinen rechtlichen
Mechanismus, der es gestattet, weitere Genehmigungen zu versagen.
Darüber wird im Bericht kein Wort verloren. Das erinnert fatal an
die Rechtsprechung des BVerwG, wonach der Windkraft signifikant Raum
gegeben werden müsse. Was das aber genau heißt im Hinblick z.B. der
extrem hohen Stromgewinnung hoher Anlagen oder wenn in einer Gemeinde
100% EE-Strom erreicht sind ist bis heute offen und liefert auch der
Bericht keinen Hinweis. Im Gegenteil hat der damalige Herr Minister
Habeck das Ziel von 300% EE-Strom für Schleswig-Holstein als Ziel
ausgegeben um zum EE-Exportland zu werden. Eine solche Zieldefinition
ohne Rücksicht auf die Leiden der Anwohner wie der Biodiversität
bewegt sich im rechtsfreien Raum und stellt die gesamte Planung in
Schleswig-Holstein infrage.
Dieses
Ergebnis entspannt allerdings die Diskussionen um Mindestabstände
von Windanlagen zu Wohnbebauungen und Habitate. Denn bei 250m hohen
Anlagen und ihren Massedimensionen wie auch Unfallgefahren usw
verstehen sich Mindestabstände von 1000m von selbst. Schon die
notwendigen Abstände der Anlagen wegen physisch wirkender
Wirbelschleppen untereinander reichen in diese Dimension. Allerdings
muss der Bericht hier nachgearbeitet und ergänzt werden, weil er
aufgrund dieser grundlegenden Mängel keine Basis für zukünftige
Gesetze aller Art sein kann.
7.
Angesichts
dieser Entwicklung macht es keinen Sinn die vielen kleinen und höchst
ineffektiven Anlagen weiter zu betreiben. Selbst wenn viele der
Flächen die von kleinen Anlagen genutzt wurden zu Recht nicht mehr
von Anlagen der Generation 250m+ genutzt werden können (weil sie
z.B. ohne nähere Prüfungen in Schutzgebiete hinein gebaut wurden),
so eignen sich doch genügend Teile dieser Flächen insbesondere
außerhalb von Schutzgebieten um ein vielfaches an Strom mit der
neuen Anlagengeneration zu erzeugen.
8
Der
Mangel an Akzeptanz durch die Bevölkerung liegt vor allem an der
Aggressivität der Windindustrie und z.B. 20 Jahre Lügen über zu
niedrige falsche Lärmbelastungen durch Windanlagen.
(Interimsverfahren). Tatsächlich wurde bei den Lärmprognosen eine
gemäß TA-Lärm definierte Bauhöhe von ca 30m auch für Windanlagen
unterstellt. Tatsächlich aber sind Windanlagen schon früh 100m und
bis heute 265m hoch. Solch hohe Anlagen haben aber selbstverständlich
eine andere Sachallausbreitung, da z.B. keine Bodendämpfung
eintritt, wie bei einer Schallemission in Bodennähe. Die Folge sind
im Bereich ca. 600m bis ca 2000m bis zu dreifach höhere
Lärmimmissionen bei betroffenen Anwohnern. Tausende Anwohner müssen
zum Teil erheblich mehr Lärm durch Windanlagen hinnehmen, als durch
diese Lobby fälschlich prognostiziert. Und dieser Skandal ist immer
noch nicht angemessen aufgearbeitet, insbesondere nicht in
Schleswig-Holstein.
Landesverband NRW der Bürgerinitiativen für vernünftige Energiepolitik
Donnerstag, 11. November 2021
Stellungnahme zum Bericht des Bund-Länder-Kooperationsausschusses
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