Dienstag, 26. Januar 2021

Offener Brief: Abstandsvorgaben für Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen

In einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen Armin Laschet fordern zahlreiche Windenergieunternehmen aus dem Bundesland die Landesregierung auf, von den geplanten Abstandsregeln abzurücken.


Brandbrief: Windenergie nicht abwürgen

In einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Armin Laschet fordern zahlreiche Windenergieunternehmen aus NRW die Landesregierung auf, von den geplanten Abstandsregeln abzurücken. Durch den Wegfall von Dreiviertel der notwendigen Flächen sehen sie anderenfalls sowohl das Erreichen der Klimaziele als auch Investitionen und Gewinne in Milliardenhöhe gefährdet.

75 Windenergieunternehmen haben sich in einem offenen Brief an den NRW-Ministerpräsidenten gewendet. Darin mahnen sie an, dass die geplanten Abstandsregeln für Windenergieanlagen drohen, den Windener-gieausbau in Nordrhein-Westfalen vollständig zum Erliegen zu bringen. Das gefährdet das Erreichen der Klimaziele und steht im starken Widerspruch zum eigenen Anspruch der Landesregierung.

(Wörter in Schrägschrift wurden zum besseren Verständnis ergänzt, Red.)
                                                                             Düsseldorf, 25. Januar 2021


Offener Brief: Abstandsvorgaben für Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen
 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
als Unternehmerinnen und Unternehmer der Windenergiebranche in NRW sind wir entsetzt über den aktuellen Gesetzentwurf zum Thema Abstandsregelungen für Windenergieanlagen. Windenergie ist eine der wesentlichen Säulen der Energieversorgung in unserem Land. Verbraucher wie Unternehmen, insbesondere die auf Klimaneutralität anstrebende energieintensive Industrie im Land, brauchen die Windenergie als günstige und verlässliche saubere Energiequelle. Sie darf nicht weiter Spielball zwischen „Not in my Backyard“- Gegnern, Politik und Gerichten sein. NRW vergibt sonst ein wesentliches Element seiner Energiezukunft und erhöht die Importabhängigkeit des Landes auf unverantwortliche Weise.


Nordrhein-Westfalen ist der größte Treibhausgas-Emittent im Bund und trägt deshalb eine besondere Verantwortung für den Klimaschutz. Die Bedeutung der Windenergienutzung muss nach allen aktuellen Entwicklungen jedem bewusst sein. Denn sie ist eines der wichtigsten Instrumente für den Klimaschutz:  
Erneuerbare Energien, insbesondere Windenergieanlagen, sind der Impfstoff gegen die Klimakrise.


Ihr aktueller Gesetzentwurf lässt diese Erkenntnis jedoch vermissen. Die NRW Landesregierung setzt die Länderöffnungsklausel für Windabstände so restriktiv um, wie es kein anderes Bundesland zu tun gedenkt.


Während Abstände bisher zu reinen und allgemeinen Wohngebieten eingehalten werden sollten, schreibt die Landesregierung nun sogar 1.000 Meter zu jeder Kleinstsiedlung im Außenbereich vor. Wer das ländliche und oft zersplittert besiedelte NRW kennt, weiß was das bedeutet: In vielen Regionen lässt sich kaum eine Fläche finden, auf der Windenergieanlagen noch zweifelsfrei errichtet werden könnten. Selbst an den Standorten, an denen sich seit Jahrzehnten Windräder drehen, die von der Bevölkerung akzeptiert und gewollt sind, will Ihre Landesregierung durch ihre Auslegung den Austausch durch moderne Anlagen verhindern.


Die Folgen dessen lassen sich auch in Zahlen ausdrücken: In Kombination mit dem von Ihnen im Landesentwicklungsplan festgeschriebenen faktischen Ausschluss aller Waldflächen und der im Landeskabinett beschlossenen restriktiven Auslegung der Abstandsregelung würden nur noch weniger als 0,5 % der Landesfläche zur Verfügung gestellt werden können und damit gut drei Viertel weniger als für NRWs Beitrag zum Erreichen der Klimaziele notwendig wäre. Damit wird faktisch der Windenergieausbau zum Erliegen kommen. Mehr noch: In den nächsten Jahren erreichen zahlreiche Windenenergieanlagen ihr Vergütungsende und da es aufgrund zu großer Abstandsregelungen für viele  
dieser Anlagen kein Repowering geben wird, wird womöglich sogar ein Rückgang der installierten Windenenergieleistung stattfinden.  


Das hätte nicht nur negative Folgen für den Anteil der Erneuerbaren Energien am Energiemix. Die geplanten Regelungen bedeuten für die Wirtschaft in NRW den Verlust von mehr als einer halben Milliarde Euro Investitionsvolumen – und das pro Jahr.


Deshalb würden wir gerne von Ihnen wissen, auf welcher Grundlage die Landesregierung davon ausgeht, dass sie ihre eigenen Ziele noch erreichen kann? Seit Jahren hält sie angebliche Untersuchungen, die das belegen sollen, zurück.


Zudem bringt der Gesetzentwurf weitere enorme Rechtsunsicherheiten – sowohl für uns Unternehmerinnen und Unternehmer als auch für die betroffenen Kommunen und Gemeinden. Es ist bereits jetzt absehbar, dass die uneindeutigen und auslegbaren Begrifflichkeiten die Gerichte (unnötigerweise) beschäftigen  werden. Viel Aufwand, Zeit und Geld fließen in Verfahren, die ohne Ihre Politik der Verunsicherung und Verhinderung direkt in Klimaschutzmaßnahmen und lokale Wertschöpfung fließen könnten.  


Darüber hinaus nimmt Ihre Landesregierung den Kommunen die Möglichkeit von der Wertschöpfung, die Windenergie vor Ort bedeutet, zu profitieren. Indem die Abstandsvorgaben der Landesregierung Windenergieprojekte verhindern und Abweichungen von diesen Regelungen nahezu unmöglich machen, gehen vielen Gemeinden wichtige Einnahmequellen verloren.


Nicht nur die geplanten Abstandsregelungen konterkarieren die Erreichung der Klimaziele, sondern die insgesamt geringe Flächenbereitstellung für Windenergieanlagen. Jetzt im Bau oder noch in Planung befindliche Windenergieprojekte sind maßgeblich noch auf Vorgaben der vorigen Landesregierung angestoßen  
worden. Planungen von Windenergieanlagen im Wald sind mit der Änderung des Landesentwicklungsplans enorm erschwert worden. Versprechungen, zumindest die Schadensflächen, wie jetzt durch den Borkenkäfer und die Trockenheit entstanden, für die Windenergienutzung vorrangig freizugeben, sind immer noch nicht angegangen worden. Repowering würde durch die neuen Regelungen deutlich erschwert, ja sogar oft unmöglich gemacht. Dabei war es doch ein eindeutiges Bekenntnis der Landesregierung dieses vorrangig zu fördern.


Die Landesregierung argumentiert mit Akzeptanz, dabei bleibt sie jeden Beweis schuldig, dass größere  Abstände zu mehr Akzeptanz führen. Das Gegenteil ist der Fall: Viele Studien belegen, dass es einen  
solchen Zusammenhang nicht gibt. Das hat auch das Oberverwaltungsgericht Münster im Urteil zur Unwirksamkeit der 97. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Brilon (Aktenzeichen 2 D 100/17.NE) erst kürzlich klargestellt. Abstände sorgen nicht für Akzeptanz und pauschale Vorgaben sind daher rechtlich nicht haltbar.


Repräsentative Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz von Windenergie sehr hoch ist, vor allem auch dort, wo besonders viele Anlagen zu finden sind. Die aktuelle Befragung der Fachagentur Windenergie an Land zeigt: 83 Prozent der Anwohner von Windenergieanlagen sind mit Windenergieanlagen in der Nachbarschaft zufrieden. Eine Umfrage des LEE NRW im windenergiereichen Paderborn zeigt, dass fast jeder zweite  
Paderborner sogar stolz ist auf die Vorreiterstellung in Sachen Windenergienutzung.

      Ihre Ankündigung kann also nur für diejenigen wie eine gute Nachricht wirken, die Windenergie aus ideologischen Gründen grundsätzlich ablehnen. Dieses Gesetz ist vor allem ein Geschenk an die kleine laute Minderheit der Windkraftgegner, auf Kosten des Klimaschutzes, der Energiesicherheit und der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes und der Gemeinden, die ihre Verantwortung für die nachfolgenden Generationen ernstnehmen.  


      Anders als NRW machen unsere benachbarten Bundesländer es aktuell vor und wollen für die Windenergienutzung 2 % der Landesfläche zur Verfügung stellen. Das ist auch hier bei uns möglich und gerade im Energieland NRW nötig. Wir fordern Ihre Landesregierung daher auf, der Windenergie ihrem Stellenwert entsprechend den Raum zu verschaffen, der nötig ist, um nachhaltig und ernsthaft die Energiewende meistern zu können und auf weitere Einschränkungen und Verunsicherungen für Gemeinden und Unternehmen zu verzichten.   


      Mit freundlichen Grüßen  

unterschrieben von 75 Unternehmen aus der Windindustrie

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