Donnerstag, 20. Februar 2020

Offener Brief an Minister Pinkwart u. Pressemitteilung


Vernunftkraft NRW e.V.
Bekscher Berg 57
33100 Paderborn
Tel. 05252 1040
verein@vernunftkraft-nrw.org


20.02.2020
Herrn
Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart
Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie
Des Landes Nordrhein-Westfalen
Berger Allee 25
40213 Düsseldorf

Nachrichtlich:
die Landtagsabgeordneten Brockes, Göken, Hoppe-Biermeyer,  Sieveke und Ritter
den energiepolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion Dr. Carsten Linnemann MdB,

Offener Brief zur Bundesratsinitiative des Landes NRW vom 14.02.2020, Schutz der Projektierer und Betreiber vor Klagen  - aber kein Schutz für betroffene Bürger und Kommunen?

Sehr geehrter Herr Minister Prof. Dr. Pinkwart,
sehr geehrte Herren Abgeordnete Brockes, Göken, Hoppe-Biermeyer, Sieveke und Ritter,
sehr geehrter Herr Dr. Carsten Linnemann

auf Antrag des Landes NRW hat der Bundesrat am vergangenen Freitag bessere Rahmenbe-dingungen für die Windenergie beschlossen. Es wurden gegenüber der Bundesregierung Veränderungen im EEG gefordert um den Windkraftausbau zu beschleunigen. Ziel ist dabei, die Unsicherheiten für Projektierer von Windenergieanlagen zu beseitigen.
Hierzu sollen gemäß Pressemitteilung Ihres Hauses vom 14.02.2020 Hemmnisse und Risiken für die Investoren beseitigt werden, die die Betreiber durch Ihre Initiative vor einseitigen Klagerisiken schützen und ihnen so wirtschaftliche Planungssicherheit geben.
In Ihrer Mitteilung führen Sie aus, dass der Ausbau der Windenergie bundesweit in den letzten Jahren stark rückläufig sei und Klagen gegen Genehmigungen von Windenergiean-lagen einen entscheidenden Anteil daran haben. Nach Kenntnisstand Ihres Hauses werden allein in NRW knapp 200 MW beklagt, deutschlandweit über 1.000 MW.
Die von Ihnen zitierte Leistung entspricht in etwa den Angaben der Fachagentur Windener-gie an Land (FA Wind), Berlin, die diese im Sommer 2019 veröffentlichte. Grundlage ist eine wenig repräsentative bundesweite Umfrage bei den Betreibern und Projektierer der Wind-energie, hier antworteten nur rund 90 Akteure. Die Leistung von 1.000 MW entspricht nach Angabe der FA Wind rund 300 Anlagen, also etwa 1 % aller aktuell in Deutschland laufenden Windräder. Dementsprechend entsprechen den von Ihrem Haus für NRW angegebenen 200 MW etwa 60 Anlagen.
Diese geringe Zahl ist Anlass der NRW Landesregierung den Schutz der Projektierer und Betreiber zu fordern und entsprechende Änderungen im EEG einzufordern?
Diese Zahl steht zum einen in keiner Relation zu dem Einbruch der Ausbauzahlen der Wind-energie, zum anderen dürfte sie auch nicht der Realität in Nordrhein-Westfalen entsprechen.
Gleichzeitig vermitteln Sie mit dieser Aktion den Eindruck, Betreiber und Projektierer unter-liegen einem massiven Klagedruck durch die vermeintliche Gegenseite, namentlich Natur-schutzverbände und Bürger, als Kläger und Blockierer des Windenergieausbaus.
Dieses hat auch schon die FA Wind so gemacht und so wurde es auch von Mitgliedern der Regierungsfraktionen im Landtag geäußert.

260 Klagen in 8 Jahren allein im Kreis Paderborn
Ein Blick auf´s Land nach Paderborn zeigt ein ganz anderes Bild: Hier wurden in den letzten 8 Jahren allein rund 260 Klagen gegen den Kreis Paderborn als Genehmigungsbehörde geführt, von denen aktuell rund 40 noch vor den Gerichten anhängig sind.  Da es sich bei den Klagen zumeist um komplette Windparkprojekte handelt, dürften so allein im Paderborner Land weit über 100 Anlagen beklagt sein.
Hinzu kommen die Klagen der Projektierer und Grundbesitzer gegen die laufend und wiederholt erstellten Flächennutzungspläne, die „Büren oder Bad Wünnenberg Urteile“ dürften Ihrem Haus bekannt sein, inzwischen hat auch Paderborn wieder ihren FNP verloren, die Gemeinde Borchen startet nach 2 verlorenen Klagen aktuell zum dritten Mal.

90 % der Klagen werden von Antragssteller und Betreiber geführt
In der Anhörung im Wirtschaftsausschuss Ihres Landtages Anfang September 2019 hat der Unterzeichner als Sachverständiger der CDU-Fraktion eine aktuelle Auswertung zu diesen Klageverfahren vorgelegt und zitiert. Rund 90 % der Klagen werden durch die Antragssteller und Betreiber selbst angestrengt und geführt.
Nur 2 Anwohner haben das Risiko einer Klage aufgenommen und erstmalig im Kreis Pader-born der NABU NRW, der die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit einer Teilzeitgeneh-migung, das sogenannte und Ihnen im Frühjahr 2019 in Bad Wünnenberg vorgestellte „Paderborner Winterbetriebsmodell“ juristisch prüfen lässt.
Gleiches möchte nun auch der Kreis Paderborn selbst wissen und bittet das OVG Münster ebenfalls um juristische Prüfung dieser sehr kreativen Form zum Umgehen möglicher Arten-schutzrechtlicher Konflikte.  Hintergründe haben wir hierzu in einer eigenen Pressemit-teilung (Nr. 02-2020 vom 12.02.20) dargestellt und fügen diese unserem Schreiben bei.

Windkraftklagen sind Motor für den zügellosen Windkraftausbau
Es sind die Projektierer selbst, die sich in einer inzwischen schon in über 20 Jahren hier zur Tradition gewordenen Klagewelle den Weg für den massiven und maßlosen Ausbau der Windenergie frei gemacht haben. Ihre Windkraftklagen sind kein Hemmnis sondern Motor des zügellosen Ausbaus der Windenergienutzung in NRW.
Die ständige Androhung von Schadensersatzforderungen gegen Genehmigungsbehörden, Städte und Gemeinden, sowie deren politische Vertreter und Ratsmitglieder, wie zuletzt in der vergangenen Woche wieder gegen den Kreis Paderborn, tun ihr übriges zur Verunsicherung der hier politisch Verantwortlichen.

Das Landesbündnis VERNUNFTKRAFT.NRW e.V. fordert Sie auf:
·         Nennen Sie die tatsächlichen Zahlen und Hintergründe zu laufenden Klageverfahren in NRW!

·         Setzen Sie sich auf Bundesebene für eine Rechtssicherheit der hier planenden Kommunen ein!

·         Beenden Sie so das ständige Scheitern der - mit großem finanziellen und personel-len Aufwand erstellten - Flächennutzungspläne und dem damit verbundenen Gesichtsverlust der hiermit zum Teil vollkommen überforderten Räte.

Der Bau und Betrieb von Windenergieanlagen unterliegt einem großen planerischen Auf-wand und unternehmerischen Risiken, wie er für solche Vorhaben in dieser Größe und mit den damit verbundenen Eingriffen in die Natur und Landschaft allerdings auch üblich ist. Demgegenüber stehen gesicherte Erträge durch das EEG, die u.a. auch für Zahlungen beim Abschalten der Anlagen bei Netzüberlastungen sorgen. Sicherheiten, über die andere Unternehmungen dieser Größe nicht verfügen können.
Der zusätzliche Ausbau der Windenergienutzung in NRW stößt inzwischen in deutlich konfliktträchtigere Bereiche vor. Die Anlagen werden immer größer und leistungsstärker, der Abstand zu den Orten und Siedlungen bleibt der gleich geringe, die Risiken für die Menschen auf dem Land nehmen zu.
Kein Schutz für die betroffenen Bürger?
Ihr Antrag zum Schutz der Projektierer und Betreiber klingt für die betroffenen Menschen auf dem Land wie ein Hohn.
Erhält die Landbevölkerung keinen Schutz? Welche Bundesratsanträge kommen vom Land NRW zu diesem Thema?
Anfang März will das Bundeskabinett Regelungen zum Abstand von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung festlegen, höchste Zeit also sich für die betroffenen Menschen in Ihrem Land einzusetzen.
Das Landesbündnis VERNUNFTKRAFT.NRW e.V. fordert Sie auf:
·         Ergreifen Sie unverzüglich Initiativen im Bundesrat um die von Ihnen selbst festgeschriebene Abstandsregelung von 1.500 m oder einer flexiblen Abstandsregelung (mindestens 7H!) rechtsverbindlich zu machen.

·         Setzen Sie sich dafür ein, dass die Menschen auf dem Land nicht zu Menschen 2. Klasse degradiert werden, deren Rechte auf gesundheitliche Unversehrtheit nicht weiter eingeschränkt werden dürfen.

·         Gewähren Sie Ihren betroffenen Mitbürgern die gleiche Unterstützung und den gleichen Schutz wie den gewinnorientierten Projektierern und Betreibergesellschaften!

·         Setzen Sie sich dafür ein, dass betroffene Bürger einen Rechtsbeistand und Unterstützung erhalten, um den mühevollen Weg einer juristischen Prüfung ihrer Rechte und möglichen Einschränkungen überhaupt gehen zu können.

Sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Herren Abgeordnete,
im September 2020 stehen in unserem Bundesland Kommunalwahlen an, sie werden nicht nur in den großen urbanen Zentren des Landes Gradmesser einer erfolgreichen, vernünftigen und sozial ausgewogenen Energiewende sein.
Die Bevölkerung auf dem Land, die nicht von gestiegenen Landpachten oder lukrativen Be-teiligungen an Windenergieprojekten profitiert, da sie hierfür kein Geld hat und bereits für vollkommen überzogene Energiekosten oder steigende Mobilitätskosten aufkommen muss, wird sehr genau hinschauen, wem hier Schutz gewährt wird und wem nicht
Wir bitten Sie daher, gestalten Sie die Energieerzeugung im Energieland Nr. 1 kompetent, technologieoffen und bezahlbar, nehmen Sie Abstand vom Schutz weniger Profiteure und setzen Sie zumindest die von Ihnen gemachten Wahlversprechen um. Anstand verlangt Abstand und politischer Erfolg verlangt die Akzeptanz der politischen Arbeit durch die Bevölkerung in NRW.
Mit freundlichen Grüßen
Vernunftkraft NRW e.V.
Der Vorstand
Hubertus Nolte           
Geschäftsführer

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