Landesverband NRW der Bürgerinitiativen für vernünftige Energiepolitik
Mittwoch, 27. Januar 2021
Dienstag, 26. Januar 2021
Fragen zur Windenergie an Minister Altmeier
Einundzwanzig Fragen zur EEG-Novelle – EEG 2021
1. Warum wird nicht das EEG zu Gunsten einer europäischen Zertifikate-Regelung ersatzlos abgeschafft? Wie ist es zu verantworten, dass durch das nationale EEG ein teurer und ineffizienter Weg beschritten wird, um das Klima zu schützen und klimawirksame Alternativen wie das EU-CO2-Zertifikatesystem oder globale Konzepte („Klub der Willigen“) keine Berücksichtigung finden? Seit Jahren wird der Ausbau mit hohem Tempo und Kostenaufwand fortgesetzt. Die Fülle der Fakten, die das Scheitern der deutschen „Energiewende“ belegen, ist aber längst erdrückend - wirtschaftlich und technologisch ebenso wie ökologisch und eben auch klimapolitisch. Die Bilanz ist verheerend: Die Reduktionsziele wurden nicht erreicht, während zugleich die Belastungen für Umwelt, Unternehmen und Verbraucher explodieren und noch weiter steigen werden, und die Versorgungssicherheit in Kürze in Frage steht. Angesichts des „Erfolgs“ dieser Politik liegt es im öffentlichen Interesse, das planwirtschaftliche Subventionssystem EEG nicht zu novellieren, sondern abzuschaffen. Die freiwerdenden Mittel sollten für eine technologieoffene Forschung in zukunftsträchtige Technologien eingesetzt werden, die im globalen Maßstab genutzt werden können.
2. Wie
kann man eine Form der Energiegewinnung, die wetterabhängig und unzuverlässig
Strom produziert, in den Rang der Öffentlichen Sicherheit erheben? Denn
gerade die Bevorzugung der EE gefährdet die
öffentliche Sicherheit in erheblichem Maße. Unser Stromversorgungssystem
wird durch die volatile Wind- und Solarstromproduktion offensichtlich schon
heute an die physikalischen Grenzen getrieben. Mit reduzierten Kapazitäten der
konventionellen Anlagen und den zunehmenden Schwankungen der Wind- und
Solarstromproduktion wird die Stabilität unserer Stromversorgung gefährdet.
Hier per Gesetzestext zu behaupten, dass der weitere Ausbau erneuerbarer
Energien der öffentlichen Sicherheit diene, ist nicht sachgerecht, sondern vielmehr
abwegig. Gerade der rasante Ausbau wetterabhängiger Erzeuger mit
Einspeisevorrang gefährdet die Stabilität der Stromversorgung und damit die
öffentliche Sicherheit.
3. Warum
wird im EEG 2021 keine Entschädigungsregel z.B. für Immobilienbesitzer in der
Nähe von Windkraftanlagen eingeführt, wie es z.B. in Dänemark erfolgt? Beim
Wertverlust von Immobilien in der Nachbarschaft von WEA handelt es sich um
einen enteignungsgleichen Vorgang. Dieser führt dazu, dass die Anwohner
wirtschaftlich geschädigt werden, das Privateigentum beschädigt wird und sogar
die Lebensgrundlage entzogen werden kann. In einem Gerichtsurteil des
Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts geht man von einer Wertminderung
der Immobilie von bis zu 100/% aus. Laut Artikel 14 Abs. 3 GG sind Enteignungen
zum Wohle der Allgemeinheit zwar zulässig, dürfen jedoch nur durch Gesetz oder
auf Grund eines Gesetzes, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt,
durchgeführt werden. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der
Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.
4. Warum
wurden die Ausbauziele für Wind- und Photovoltaikanlagen drastisch erhöht,
obwohl weder Speicher noch Hochspannungsnetze vorhanden sind und auch nicht in
den Bau flexibler Gaskraftwerke investiert wird? Dadurch steigen die Kosten
für Netzeingriffe, Überschussstrom muss teilweise als Abfall gegen Gebühr
entsorgt werden (negative Börsenpreise) und die Importabhängigkeit wird immer
höher. Die Gefahr eines folgenschweren Blackouts wächst.
5.
Wie ist es zu vertreten, unter den
vorgenannten Voraussetzungen einen Ausnahmetatbestand zu schaffen, der den
Interessen der Windkraftindustrie maximal entspricht, Naturschutz und die Bürgerrechte
aber massiv beschneidet?
6. Warum
werden die physikalischen Gesetze nicht beachtet? Von 2010 bis 2020 wurde
die installierte Leistung von Solar- und Windenergieanlagen stetig erhöht. Die
tatsächlich erzeugte Strommenge ist dagegen deutlich unterproportional
gestiegen. Ohne Speicher oder ausreichende Backup-Kapazitäten kann eine gesicherte
und grundlastfähige Leistung durch Wind und Sonne nicht bereitgestellt werden.
Geeignete und bezahlbare Speicher zur Versorgung eines Industriestaates wie
Deutschland sind nicht in Sicht! Der
Ausbau flexibler Backup-Kraftwerke findet nicht statt.
7. Wie
sichert das EEG 2021, dass Menschen und Tiere nicht durch den beabsichtigten massiven
Windkraftausbau und -betrieb gefährdet werden? Es ist wissenschaftlicher
Konsens, dass das gehäufte Auftreten bestimmter Krankheitssymptome (WTS, VAD)
im Umfeld von Wind“parks“ zu besorgen ist und ein Kausalzusammenhang zwischen
Windkraft und Gesundheitsschädigung sehr wahrscheinlich ist. Der massive Ausbau
von WEA in der Nähe von Wohnsiedlungen entrechtet durch unzureichende oder fehlende
Abstandsregeln die Landbevölkerung, insbesondere in Regionen mit Einzelbebauungen
wie z.B. dem Münsterland, und setzt diese Menschen unkalkulierbaren
gesundheitlichen Risiken aus. Der Bau von WEA in Wäldern, Schutzgebieten und
ökologisch wertvollen Regionen schreitet massiv voran – mit verheerenden Folgen
für die Biodiversität.
8. Wie
wird das Rechtsgutachten aus der Kanzlei Caemmerer/Lenz beurteilt, in dem
dargelegt wird, warum der Gesetzgeber mit höherrangigen EU-Recht in Konflikt
geriete, wenn er dem Ausbau von Windenergieanlagen eine Bedeutung für die
öffentliche Sicherheit zuschriebe? Unter Berücksichtigung der einschlägigen
jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt das Gutachten zu
dem Schluss, dass der Passus den gezielten Versuch darstellt, höherrangiges
EU-Recht zugunsten der Windkraftbranche zu unterlaufen.
9. Wie
ist angesichts der Defizite bei der Erhöhung der Biodiversität die
Absichtserklärung zu beurteilen, wonach „das Natur-und Artenschutzrecht die
ambitionierten Ausbauzielen für erneuerbare Energien widerspiegeln“ müsse? Mit
diesen Formulierungen wird einer Beugung des Naturschutzrechts zugunsten
bestimmter Projekte der Boden bereitet. Die Naturschutzrichtlinien nach EU-Recht
dürfen durch ein Bundesgesetz nicht ausgehebelt werden.
10. Wie
ernst ist es den Verantwortlichen mit dem Naturschutz und dem Erhalt der Artenvielfalt?
Die Absichtserklärung, den Natur-und Artenschutz an die Bedürfnisse der
Erneuerbaren Energien anzupassen, ist eines demokratischen Rechtsstaates
unwürdig. Nicht der Natur-und Artenschutz, sondern die Ausbauziele müssen
revidiert werden.
11. Wie
wird der Umstand beurteilt, dass der weitere Ausbau der Windkraft offensichtlich
gegen die Staatszielbestimmung in Artikel 20a Grundgesetz verstößt? Wie
erklärt man, dass es beim Ausbau der Windkraft keinen Abwägungsprozess gegeben
hat, der die Vor- und Nachteile dieser Technik detailliert beurteilt? Warum
gibt es keine Technikfolgenabschätzung, deren Ergebnisse in das EEG einfließen?
Es ist mittlerweile offenkundig, dass der Windkraftausbau an Land sowie die
energetische Nutzung von primärer, also speziell dafür angebauter Biomasse, dem
Klimaschutz weder effizient noch effektiv dient, dabei aber die natürlichen
Lebensgrundlagen und Tiere schädigt. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen
belegen darüber hinaus, dass Wind“parks“ die natürlichen atmosphärischen
Systeme stören und ihrerseits einen Klimawandel hin zu höheren Temperaturen und
mehr Trockenheit auslösen. Damit verstößt der ohne die erforderliche Abwägung
durchgeführte Ausbau gegen die Staatszielbestimmung in Art. 20a GG und ist
verfassungswidrig.
12. Wie wird beurteilt, dass es ernsthafte Hinweise darauf gibt, dass die Novelle von §35 BauGB rechtsunwirksam geblieben ist, weil sie gegen Art. 20a GG verstößt mit der Konsequenz, dass Windräder im Außenbereich nicht privilegiert sind? Die Tatsache, dass der Staat die „Zersiedelung des Außenbereichs“ mit einer strikten Handhabung des Bauverbots für nichtprivilegierte Vorhaben hat abwehren können, ist in vielfacher Hinsicht von fundamentaler Bedeutung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere. Der Gesetzgeber ist für eine problematische Veränderung der Schutznorm in Paragraf 35 BauGB verantwortlich: Er hat die Verbotsnorm in eine Zulassungsnorm verwandelt. Paragraf 35 bestimmt nunmehr in Absatz 1 Nummer 5, dass die Behörden seit dem 01.01.1997 für Bau und Betrieb von WEA Baugenehmigungen erteilen müssen. Niemand kann bezweifeln, dass mit der Normänderung vom 30.07.1996 die Schutzwirkung des Bauverbots in Paragraf 35 Absatz 2 drastisch verschlechtert worden ist. Artikel 20a GG verbietet aber dem zum Schutz verpflichteten Gesetzgeber solche Verschlechterungen.
13. Warum wird vor Verabschiedung des EEG 2021 nicht eine abstrakte Normenkontrolle durch das BVerfG veranlasst, um die Verfassungsmäßigkeit des Ausbaus in Hinsicht auf Art. 20a GG und der Regelungen in Paragraf 35 Absatz 1 Nr.5 BauGB zu prüfen? Dies würde Rechtssicherheit schaffen und die kontroversen Diskussionen beenden.
14.
Wie stellt das EEG 2021 sicher, dass
nicht der gesamte Außenbereich, der gesamte Naturraum, mit Windkraftanlagen
besetzt wird und dass die Lebensräume der Tiere in ausreichendem Maße erhalten
bleiben? Wieviel elektrische Energie wird für die „all-electricity-society“ bei
erfolgreicher Sektorkopplung benötigt? Existiert eine belastbare Kalkulation,
wie viele WEA, welche Flächen für Solar und welche Flächen für Biomasse zum
Erreichen einer kompletten Dekarbonisierung und für die Wasserstofftechnologie benötigt
werden? Ist dies in Deutschland überhaupt realisierbar? Zu berücksichtigen
sind dabei die immensen Steigerungen des Stromverbrauchs durch fortschreitende
Digitalisierung, Generierung von Kryptowährungen, Power-to-Gas und/oder
Wasserstoffwirtschaft mit Rückverstromung und Umstellung industrieller und
gewerblicher Prozesse auf die Wasserstofftechnologie, die mit den derzeit
verfolgten Konzepten einen extrem schlechten Wirkungsgrad hat und besonders
hohe Mengen an Strom erfordert. Die angestrebte Klimaneutralität wird eine
Nachfrage nach grünem Strom entfachen, die sich aus Umgebungsenergien niemals
wird befriedigen lassen.
15. Wie
ist es aus Gründen der gesundheitlichen Vorsorge und im Sinne des Artenschutzes
zu verantworten, dass nach aktuellem Recht Mindererträge, die durch
genehmigungsrechtliche Auflagen, z.B. nächtliche Schallreduzierungen oder
Abschaltungen, durch den Standortgütefaktor ausgeglichen werden, so dass die
Betreiber eine höhere Vergütung pro kWh erhalten? Der Effekt ist, dass
Windenergieanlagen besonders dicht an Wohnhäuser gebaut werden, da die
notwendigen nächtlichen Leistungsreduzierungen zur Schallminderung wirtschaftlich
nicht mehr ins Gewicht fallen. Das Gleiche gilt bei Fragen des Artenschutzes
und den dafür erteilten Auflagen. Volkswirtschaftlich unsinnig werden so
ineffiziente Standorte auf Kosten der Allgemeinheit und der Natur gefördert.
16. Wie
ist es sachlich und wirtschaftlich zu verantworten, dass die geplante
Neu-Einführung von zusätzlichen Vergütungen von Windkraftanlagen in bestimmten
Landesteilen sowie die Wiedereinführung von Vergütungen für besonders
ungeeignete („weniger windstarke“) Standorte eingerichtet wird? Dies widerspricht
dem Ziel eines kosteneffizienten Ausbaus und konterkariert den Grundgedanken
des Ausschreibungsmodells. Dadurch würde die dem EEG innewohnende Ineffizienz
noch einmal verstärkt. Der Gedanke, an besonders schlechten Standorten
besonders hohe Subventionen auszuloben, ist intuitiv absurd. Mit gleicher Logik
könnte man Photovoltaikanlagen an besonders schattigen Plätzen besonders stark
fördern.
17. Wie ist es wirtschaftlich und in Hinblick auf den Aspekt der Gerechtigkeit zu vertreten, Überlegungen anzustellen, für „ausgeförderte Anlagen“ den Rechtsrahmen anzupassen, um weiterhin einen auskömmlichen Betrieb zu sichern? Die Betreiber jener Anlagen genossen über volle 20 Jahre das Privileg, jederzeit auf Kosten der Allgemeinheit zu fixierten, weit über dem Marktwert liegenden Preisen ins Netz einspeisen zu können. Eine Weiterförderung von Altanlagen würde in vielen Regionen die Regionalplanungen der Länder unterlaufen, die darauf ausgerichtet sind, dass planerisch ungeeignete Standorte (vor allem zu nahe an Wohnbebauung) möglichst bald aufgegeben werden sollen. Die Anlagen müssen in den freien Markt entlassen werden.
18. Die
Neufassung des §51wird ausdrücklich begrüßt, aber warum soll diese Regelung nur
für Neuanlagen gelten? Die geplante Streichung der Vergütung bei negativen Börsenstrompreisen
ist ein erster Schritt, um die zunehmende temporäre Überschussstromproduktion zu
verringern bzw. in sinnvolle andere Vermarktungen zu lenken. Dies ist sinnvoll
aber nur bei Einbeziehung aller Anlagen.
19. Wie
ist es zu begründen, dass ein Wegfall der Entschädigung nach 15 Minuten negativer
Strompreise am Spotmarkt nicht auch auf Anlagen mit weniger als 3 Megawatt installierter
Leistung angewendet wird? Dies ebnet den Weg für Missbrauch. Die Praxis
zeigt, dass häufig Anlagen mit einer Leistung knapp unter 3 Megawatt gebaut
werden.
20. Wie
wird durch das EEG 2021 sichergestellt, dass Windkraftanlagen technisch sicher
betrieben werden und eine ordnungsgemäße und umweltgerechte Entsorgung aller
Bauteile von WEA erfolgt und dass nicht bei Unglücksfällen z.B. krebserregende
Carbonfasern aus den Verbundstoffen freigesetzt werden, die im Brandfall
unkontrolliert in die Umwelt gelangen? Warum werden WEA als industrielle
Anlagen nicht vom TÜV überprüft? Die Betriebsgenehmigungen waren auch aus
technischen Gründen für 20 Jahre erteilt worden. Die zunehmende Zahl der
Havarien an Windkraftanlagen bestätigt diese Limitierung. In erheblicher Zahl
liegen Berichte von schwerwiegenden Unglücksfällen oder technischem Versagen
bei WEA vor, die zum Absturz ganzer Bauteile oder dem Brand der gesamten Anlage
führen. Die Brände können durch die Feuerwehr nicht gelöscht werden, sondern es
wird ein Schutzradius, der nicht betreten werden darf, um die Anlage errichtet,
in dem möglicherweise sogar Wohnbebauungen vorhanden sind. Besonders
problematisch ist die weiträumige Verteilung von krebserregenden Carbonfasern
in die Umgebungsluft und auf landwirtschaftliche Flächen. Für die Anlagen
besteht keine TÜV-Untersuchungspflicht. Das Entsorgungsproblem insbesondere der
Verbundwerkstoffe ist ungelöst. Die Entsorger warnen vor einem Entsorgungsgau.
Bei der Menge der anfallenden Betonteile (mehrere Tausend Tonnen pro Anlage) erscheint
ein Recycling sehr unwahrscheinlich, da dafür kein Absatzmarkt existiert.
21. Wie beurteilen Sie den Einfluss des EEG bzw. seiner Novelle 2021 auf das soziale Gefüge / die Demokratie in Deutschland? Bereits im August 2018 hatte der Bundesrechnungshof auf das Risiko des Vertrauensverlustes in die Fähigkeit von Regierungshandeln hingewiesen, wenn nicht die Koordination und Steuerung der Energiewende verbessert würde. Aus der Sicht sehr vieler Bürger ist die Energiewende nicht gesamtgesellschaftlich angelegt, da das ursprüngliche Zieldreieck: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Umweltschutz in allen Punkten nach 20 Jahren EEG verfehlt wurde und eine Umverteilung zugunsten der Windkraftbranche mehr und mehr in den Vordergrund rückte.
Offener Brief: Abstandsvorgaben für Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen
In einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen Armin Laschet fordern zahlreiche Windenergieunternehmen aus dem Bundesland die Landesregierung auf, von den geplanten Abstandsregeln abzurücken.
Brandbrief: Windenergie nicht abwürgen
In einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Armin Laschet fordern zahlreiche Windenergieunternehmen aus NRW die Landesregierung auf, von den geplanten Abstandsregeln abzurücken. Durch den Wegfall von Dreiviertel der notwendigen Flächen sehen sie anderenfalls sowohl das Erreichen der Klimaziele als auch Investitionen und Gewinne in Milliardenhöhe gefährdet.
75 Windenergieunternehmen haben sich in einem offenen Brief an den NRW-Ministerpräsidenten gewendet. Darin mahnen sie an, dass die geplanten Abstandsregeln für Windenergieanlagen drohen, den Windener-gieausbau in Nordrhein-Westfalen vollständig zum Erliegen zu bringen. Das gefährdet das Erreichen der Klimaziele und steht im starken Widerspruch zum eigenen Anspruch der Landesregierung.
(Wörter in Schrägschrift wurden zum besseren Verständnis ergänzt, Red.)
Düsseldorf, 25. Januar 2021
Offener Brief: Abstandsvorgaben für Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
als Unternehmerinnen und Unternehmer der Windenergiebranche in NRW sind wir entsetzt über den aktuellen Gesetzentwurf zum Thema Abstandsregelungen für Windenergieanlagen. Windenergie ist eine der wesentlichen Säulen der Energieversorgung in unserem Land. Verbraucher wie Unternehmen, insbesondere die auf Klimaneutralität anstrebende energieintensive Industrie im Land, brauchen die Windenergie als günstige und verlässliche saubere Energiequelle. Sie darf nicht weiter Spielball zwischen „Not in my Backyard“- Gegnern, Politik und Gerichten sein. NRW vergibt sonst ein wesentliches Element seiner Energiezukunft und erhöht die Importabhängigkeit des Landes auf unverantwortliche Weise.
Nordrhein-Westfalen ist der größte Treibhausgas-Emittent im Bund und trägt deshalb eine besondere Verantwortung für den Klimaschutz. Die Bedeutung der Windenergienutzung muss nach allen aktuellen Entwicklungen jedem bewusst sein. Denn sie ist eines der wichtigsten Instrumente für den Klimaschutz:
Erneuerbare Energien, insbesondere Windenergieanlagen, sind der Impfstoff gegen die Klimakrise.
Ihr aktueller Gesetzentwurf lässt diese Erkenntnis jedoch vermissen. Die NRW Landesregierung setzt die Länderöffnungsklausel für Windabstände so restriktiv um, wie es kein anderes Bundesland zu tun gedenkt.
Während Abstände bisher zu reinen und allgemeinen Wohngebieten eingehalten werden sollten, schreibt die Landesregierung nun sogar 1.000 Meter zu jeder Kleinstsiedlung im Außenbereich vor. Wer das ländliche und oft zersplittert besiedelte NRW kennt, weiß was das bedeutet: In vielen Regionen lässt sich kaum eine Fläche finden, auf der Windenergieanlagen noch zweifelsfrei errichtet werden könnten. Selbst an den Standorten, an denen sich seit Jahrzehnten Windräder drehen, die von der Bevölkerung akzeptiert und gewollt sind, will Ihre Landesregierung durch ihre Auslegung den Austausch durch moderne Anlagen verhindern.
Die Folgen dessen lassen sich auch in Zahlen ausdrücken: In Kombination mit dem von Ihnen im Landesentwicklungsplan festgeschriebenen faktischen Ausschluss aller Waldflächen und der im Landeskabinett beschlossenen restriktiven Auslegung der Abstandsregelung würden nur noch weniger als 0,5 % der Landesfläche zur Verfügung gestellt werden können und damit gut drei Viertel weniger als für NRWs Beitrag zum Erreichen der Klimaziele notwendig wäre. Damit wird faktisch der Windenergieausbau zum Erliegen kommen. Mehr noch: In den nächsten Jahren erreichen zahlreiche Windenenergieanlagen ihr Vergütungsende und da es aufgrund zu großer Abstandsregelungen für viele
dieser Anlagen kein Repowering geben wird, wird womöglich sogar ein Rückgang der installierten Windenenergieleistung stattfinden.
Das hätte nicht nur negative Folgen für den Anteil der Erneuerbaren Energien am Energiemix. Die geplanten Regelungen bedeuten für die Wirtschaft in NRW den Verlust von mehr als einer halben Milliarde Euro Investitionsvolumen – und das pro Jahr.
Deshalb würden wir gerne von Ihnen wissen, auf welcher Grundlage die Landesregierung davon ausgeht, dass sie ihre eigenen Ziele noch erreichen kann? Seit Jahren hält sie angebliche Untersuchungen, die das belegen sollen, zurück.
Zudem bringt der Gesetzentwurf weitere enorme Rechtsunsicherheiten – sowohl für uns Unternehmerinnen und Unternehmer als auch für die betroffenen Kommunen und Gemeinden. Es ist bereits jetzt absehbar, dass die uneindeutigen und auslegbaren Begrifflichkeiten die Gerichte (unnötigerweise) beschäftigen werden. Viel Aufwand, Zeit und Geld fließen in Verfahren, die ohne Ihre Politik der Verunsicherung und Verhinderung direkt in Klimaschutzmaßnahmen und lokale Wertschöpfung fließen könnten.
Darüber hinaus nimmt Ihre Landesregierung den Kommunen die Möglichkeit von der Wertschöpfung, die Windenergie vor Ort bedeutet, zu profitieren. Indem die Abstandsvorgaben der Landesregierung Windenergieprojekte verhindern und Abweichungen von diesen Regelungen nahezu unmöglich machen, gehen vielen Gemeinden wichtige Einnahmequellen verloren.
Nicht nur die geplanten Abstandsregelungen konterkarieren die Erreichung der Klimaziele, sondern die insgesamt geringe Flächenbereitstellung für Windenergieanlagen. Jetzt im Bau oder noch in Planung befindliche Windenergieprojekte sind maßgeblich noch auf Vorgaben der vorigen Landesregierung angestoßen
worden. Planungen von Windenergieanlagen im Wald sind mit der Änderung des Landesentwicklungsplans enorm erschwert worden. Versprechungen, zumindest die Schadensflächen, wie jetzt durch den Borkenkäfer und die Trockenheit entstanden, für die Windenergienutzung vorrangig freizugeben, sind immer noch nicht angegangen worden. Repowering würde durch die neuen Regelungen deutlich erschwert, ja sogar oft unmöglich gemacht. Dabei war es doch ein eindeutiges Bekenntnis der Landesregierung dieses vorrangig zu fördern.
Die Landesregierung argumentiert mit Akzeptanz, dabei bleibt sie jeden Beweis schuldig, dass größere Abstände zu mehr Akzeptanz führen. Das Gegenteil ist der Fall: Viele Studien belegen, dass es einen
solchen Zusammenhang nicht gibt. Das hat auch das Oberverwaltungsgericht Münster im Urteil zur Unwirksamkeit der 97. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Brilon (Aktenzeichen 2 D 100/17.NE) erst kürzlich klargestellt. Abstände sorgen nicht für Akzeptanz und pauschale Vorgaben sind daher rechtlich nicht haltbar.
Repräsentative Umfragen zeigen, dass die Akzeptanz von Windenergie sehr hoch ist, vor allem auch dort, wo besonders viele Anlagen zu finden sind. Die aktuelle Befragung der Fachagentur Windenergie an Land zeigt: 83 Prozent der Anwohner von Windenergieanlagen sind mit Windenergieanlagen in der Nachbarschaft zufrieden. Eine Umfrage des LEE NRW im windenergiereichen Paderborn zeigt, dass fast jeder zweite
Paderborner sogar stolz ist auf die Vorreiterstellung in Sachen Windenergienutzung.
Ihre Ankündigung kann also nur für diejenigen wie eine gute Nachricht wirken, die Windenergie aus ideologischen Gründen grundsätzlich ablehnen. Dieses Gesetz ist vor allem ein Geschenk an die kleine laute Minderheit der Windkraftgegner, auf Kosten des Klimaschutzes, der Energiesicherheit und der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes und der Gemeinden, die ihre Verantwortung für die nachfolgenden Generationen ernstnehmen.
Anders als NRW machen unsere benachbarten Bundesländer es aktuell vor und wollen für die Windenergienutzung 2 % der Landesfläche zur Verfügung stellen. Das ist auch hier bei uns möglich und gerade im Energieland NRW nötig. Wir fordern Ihre Landesregierung daher auf, der Windenergie ihrem Stellenwert entsprechend den Raum zu verschaffen, der nötig ist, um nachhaltig und ernsthaft die Energiewende meistern zu können und auf weitere Einschränkungen und Verunsicherungen für Gemeinden und Unternehmen zu verzichten.
Mit freundlichen Grüßen
unterschrieben von 75 Unternehmen aus der Windindustrie