Donnerstag, 18. Juni 2020

Borchener Bauausschuss lehnt Zustimmung zu 16 Windkraftanlagen ab

„Was machen wir hier eigentlich?“ 
Auf Borchener Gemeindegebiet stehten derzeit 52 Windenergieanlagen. Foto: Oliver Schwabe
 Borchen (WB). „Es gibt kaum ein besseres Dokument der Ohnmacht als die heutige Tagesordnung“, sagte Bürgermeister Reiner Allerdissen zu Beginn der Borchener Bauausschusssitzung am Donnerstag. Acht Tagesordnungspunkte befassten sich mit der Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens zum Bau von 16 Windenergieanlagen, über die die Mitglieder entscheiden mussten. Einstimmig lehnten die Fraktionen das Einvernehmen ab. Von Sonja Möller 


Dass diese Entscheidung des Bauausschusses Auswirkungen auf die Erteilung der Baugenehmigung haben könnte, davon gehen die Ausschussmitglieder nicht aus. „Der Kreis Paderborn hat als Genehmigungsbehörde bereits alle 16 Anlagen genehmigt, ohne überhaupt unseren Beschluss abzuwarten“, teilte Allerdissen mit, und hielt mit seiner Meinung über diese Entscheidung des Kreises nicht hinterm Berg: „Die Behörde hat doch die Pflicht, die Einwände kleinerer Kommunen ernst zu nehmen. Stattdessen genehmigt sie Anlagen, ohne auf den Beschluss der zuständigen Kommune zu warten. Das ist aus meiner Sicht nicht in Ordnung und ein herablassendes Zeichen.“
„Dicker Schluck aus der Pulle“

Zudem erläuterte der Bürgermeister, dass bei den vorliegenden Anträgen „gewaltige Betriebsbeschränkungen“ eingearbeitet worden seien: „Wir gehen davon aus, dass bei neuen Anträgen solche Abschaltszenarien bereits eingearbeitet werden“, sagte Allerdissen. Die Anträge auf die 16 bereits vom Kreis genehmigten Anlagen bezeichnete Allerdisssen als „dicken Schluck aus der Pulle.“ Die Mitbestimmungsoption des Rates sei sehr überschaubar.

Hansjörg Frewer (CDU) teilte vorab mit, dass seine Fraktion bei allen Anträgen das Einvernehmen verweigern werde: „Die Leistung der hier beantragten Anlagen ist größer, als die der 52 Bestehenden. Und wir gehen davon aus, dass alle 16 gebaut werden. Der Kreis hat das gemeindliche Einvernehmen ja bereits ersetzt und die Klagefrist ist abgelaufen.“
Resignation spürbar

Reiner Allerdissen erläuterte dazu: „Rechtsmittel einzulegen macht wenig Sinn. Wir verbrennen Geld ohne Ende ohne Aussicht auf Erfolg. Die Klage landet vor dem Verwaltungsgericht Minden und da muss ich nicht erklären, wie das ausgeht.“ In den vergangenen Jahren habe nicht ein einziger Flächennutzungsplan aus Nordrhein-Westfalen dort Bestand gehabt. Bei der erneuten Überarbeitung des Flächennutzungsplanes (FNP) liege die Gemeinde derzeit im Zeitplan. Allerdissen: „Aber es ist wohl eher eine vage Aussicht, dass wir die erste Kommune in NRW sind, bei der der FNP vor Gericht hält.“ Trotzdem nutze die Gemeinde die Möglichkeiten, die sie habe, um die Windenergie zu steuern. Der Bauausschussvorsitzende Harald Kuhnigk (CDU) sagte: „Die Priviligierung der Windenergie wird nicht in Frage gestellt.“
„Immer das gleiche Spiel“

Jürgen Schmidt (SPD) zeigte sich resigniert: „Was machen wir hier eigentlich? Seit zig Jahren versuchen wir, einen geregelten Flächennutzungsplan zu finden, und es ist immer das gleiche Spiel. Wir versuchen, die Windenergie irgendwie zu steuern und haben erfahren, dass alles spätestens vor Gericht gekippt wird. Ich bin ziemlich sicher, dass der Plan, den wir jetzt für hunderttausende Euro aufstellen, dasselbe Schicksal erfährt.“ Ihm sei „diese Rumhampelei“ ein Rätsel: „Wieso müssen wir tatenlos zusehen, wie andere Geld mit der Windkraft verdienen. Das macht einen politikmüde. Ich bin es einfach leid.“

Volker Tschischke (SPD) sprach die direkten Auswirkungen auf Borchener Bürger an. Er teilte mit, dass der Krankenstand aufgrund der Windräder in Etteln mehr als ein Prozent betrage: „Wer dafür ist, weitere Windräder zu bauen, handelt fahrlässig!“ Tschischke verwies darauf, dass sich bei einem Antrag für Anlagen am Industriegebiet/A33 die Höhe der Anlagen mehrfach geändert habe, die Bürger und Verbände dazu aber gar nicht gehört worden seien: „Das geht doch nicht.“
Ortsvorsteher in Sorge

Guido Reitmeyer (Grüne) verwies auf Anlagen, die in direkter Näher zur Rehaklinik Schloß Hamborn geplant seien: „Ein Einfluss auf die Reha-Klinik ist zu erwarten. Das ist vom Kreis nicht wahrgenommen worden.“

In großer Sorge um die Bewohner Dörenhagens ist Ortsvorsteher Heinrich Rebbe: „Wir haben keine Himmelsrichtung mehr, in die wir rausgucken können. Die Bewohner fühlen sich macht- und hilflos und sind verzweifelt. Ich frage mich, wie der Kreistag das sieht?“ Dazu sagte Kreistagsmitglied Jürgen Schmidt: „Die Entscheidungen trifft nicht der Kreistag, sondern der Kreis als zuständige Behörde.“

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