Montag, 9. März 2020

Ist Landschaftszerstörung grundgesetzwidrig?

Ist Landschaftszerstörung grundgesetzwidrig?



[Foto: Vernunftkraft NRW]
Verstößt der geplante forcierte Windradausbau gegen die Verfassung?

Eifel: Der ökologische Nutzen der Windkraftförderung lässt sich kaum exakt berechnen. Wer eine politische Weichenstellung, die auf eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Windanlagen in Deutschland hinausläuft und immense Umweltbeeinträchtigungen verursachen wird, durchsetzen will, hat die Argumentationslast dafür, dass der ökologische Nutzen größer ist als die Schäden. Es reicht nicht aus, dass die Bundesregierung einfach auf den globalen Klimawandel hinweist. Sie müsste in rational nachvollziehbaren Abschätzungen zeigen, welche CO2-Einsparungen durch den Windkraftausbau netto zu erwarten sind und wie diese sich auf die Erd­erwärmung auswirken.

    Der weitere Ausbau der Windkraft ist verfassungswidrig. Die Organe des Staates müssen die Verfassungsmäßigkeit ihres weiteren Tuns durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen.“

ist sich Prof. Dr. Werner Mathys, Sprecher für den Landesverband Vernunftkraft NRW e.V., sicher.

Es müsse abgewogen werden, ob der Nutzen der Windkraft für den Klimaschutz – genauer für die Vermeidung von Umweltschäden, die durch eine menschenverursachte Erderwärmung entstehen – größer ist als die Umweltschäden, die von dieser Technologie verursacht werden. Das verlangt der Artikel 20a des Grundgesetzes.

Im geplanten weiteren massiven Ausbau der Windenergie wird ein Verstoß gegen das im Artikel 20a GG definierte Staatsziel des Schutzes der Umwelt gesehen. Im Fokus der Argumentation von Vernunftkraft NRW steht der „Abwägungsausfall“, den die Politik bei ihrer Entscheidung für die Erneuerbaren Energien verursacht hat. Der Verein stützt sich dabei auf die ausführliche Analyse des namhaften Staatsrechtslehrers und Grundgesetzkommentators Prof. Dr. Dietrich Murswiek, Freiburg.

Er hat das Thema aufgegriffen und sich mit den staatsrechtlichen Aspekten des geplanten forcierten Ausbaues der Windkraft beschäftigt.
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ lautet Artikel 20a des Grundgesetzes (GG)

Alle Entscheidungsträger sind nach Art. 20a GG in der Pflicht, Schaden von der Natur und den Bürgern abzuwenden. Dies gilt für alle Staatsorgane, wie Behörden und alle Politiker bis hin zur kommunalen Ebene. Jeder ist persönlich verpflichtet, sich ein eigenes Urteil über die Rechtmäßigkeit seines Tuns zu bilden und kann sich nicht allein auf die Verwaltungspraxis verlassen, wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des einschlägigen Verwaltungshandelns dargestellt werden. Parlament und Verwaltungsbehörden sind an Artikel 20a GG gebunden.

Prof. Murswiek ist überzeugt, dass einem weiteren ungebremsten Ausbau der Windkraft in Deutschland erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen.

Windenergie soll Strom liefern und gilt als CO2-schonende Alternative zu konventionellen Kraftwerken. Andererseits beeinträchtigen die Windanlagen Natur und Umwelt. Art. 20a GG verlangt hier eine Abwägung: Überwiegt der Nutzen oder der Schaden, den die Anlagen hervorrufen?

Nach vorgelegten Zahlen des Umweltbundesamtes sparten Windräder im Jahr 2018 circa 75 Millionen Tonnen CO2 ein. Im Gegensatz dazu stehen die in Europa erlaubten jährlichen Emissionswerte von 1.800 Millionen Tonnen. Der effektive Nutzen unserer Windräder wirkt dagegen eher bescheiden. Dazu Prof. Murswieck:

    Es wird wohl weniger als ein Tausendstel Grad sein, um das die Erderwärmung vermindert werden könnte, wenn die Zahl der Windräder in Deutschland verdreifacht wird – eine Auswirkung, die für das Klima völlig unerheblich ist.“

Der Schaden für die Umwelt durch Windanlagen sei groß. Einen Nutzen in Hinblick auf die Begrenzung der globalen Temperatur und der durch sie befürchteten negativen Konsequenzen habe sie nicht. Eine gerichtliche Kontrolle über Nutzen und Schaden der Windanlagen, seitens der Bundesregierung, fehle bisher.

Art. 20a GG verlangt die Abwägung bei staatlichen Programmen mit weitreichenden Umweltauswirkungen. Eine solche fällt eindeutig zu Lasten der Windenergie aus: Ihr Schaden für die Umwelt und den Menschen ist groß. Einen messbaren Nutzen für die Begrenzung der globalen Erwärmung und der durch diese befürchteten Umweltschäden hat sie nicht. Zumindest unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist eine weitere Förderung der Windenergie, nach Ansicht von Vernunftkraft e.V. verfassungswidrig. Prof. Murswieck:

    Wenn die Regierung sich folgenlos über geltendes Verfassungsrecht hinwegsetzt, weil – wie im Fall des Art. 20a GG – gerichtliche Kontrolle nicht stattfindet, muss eine andere Kontrollinstanz die Verfassung verteidigen: die kritische Öffentlichkeit. Zur Öffentlichkeit gehören wir alle.“

Dies sehen inzwischen auch viele um den Rechtsstaat besorgte Bürger und fragen sich, ob Behörden und Politik sich dieser verfassungsrechtlichen Problematik bewusst sind.

Bürger und Bürgerinitiativen starten mit bundesweiter Aktion

Viele Bürger und Bürgerinitiativen für eine vernünftige Energiewende schließen sich daher einer bundesweiten Aktion an und fordern eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht und einen Stopp des weiteren Ausbaus der Windkraft bis zur Klärung dieser Verfassungsfrage.

    Wir unterstützen die besorgten Bürger und werden uns selbst mit entsprechenden Fragen an die Behörden und die Politik wenden“, so Prof. Werner Mathys von Vernunftkraft-NRW e.V. „Wir werden u.a. fragen, wie Verwaltung und Politik sicherstellen wollen, dass ihre Entscheidungen – speziell bei Planungen zur Förderung oder zum weiteren Ausbau der Windenergienutzung vor Ort – nicht gegen das Grundgesetz Artikel 20a verstoßen und wie sie ihre Bürger darüber informieren wollen.“

Der Artikel 20a GG diene dem Schutz des Gemeinwohls. Deshalb könne der Einzelne die Verletzung von Art. 20a GG nicht unmittelbar einklagen. Jedoch: Die Beeinträchtigung des privaten Nachbareigentums durch die Genehmigung einer Windanlage lässt sich dann nicht rechtfertigen, wenn diese Anlage wegen Verstoßes gegen Art. 20a GG gar nicht gebaut werden dürfte. Gegen eine Wirkung, die in eine grundrechtlich geschützte nachbarliche Position eingreift, muss von den Verwaltungsgerichten immer Rechtschutz gewährt werden. Der Abwehranspruch eines, in seinem Recht verletzten Grundrechtsträgers muss zur Aufhebung des staatlichen Eingriffsaktes – die Genehmigung zum Bau und Betrieb der Windanlage – führen, ist Mathys überzeugt.

Einfacher und mit größerer Erfolgswahrscheinlichkeit lässt sich die Verletzung von Art. 20a GG im Rahmen einer von einem Naturschutzverband gemäß dem Umweltrechtsbehelfsgesetz angestrengten Verbandsklage geltend machen. Anerkannte Umweltschutzverbände dürfen auch die Verletzung objektivrechtlicher Vorschriften, hier Art. 20a GG, vor Gericht vorbringen. Klagemöglichkeiten auf Grundlage von Art. 20a GG eröffnen sich auch bei Klagen in Zusammenhang mit der geplanten Lockerung des Artenschutzes, da diese direkt der Förderung der Windenergie dienen würden.

Kommunen können unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Ausbau der Windenergie oder in Zusammenhang mit Flächennutzungsplänen unter Berufung auf Art. 20a GG klagen und sich dabei auf die Verletzung ihrer kommunalen Planungshoheit berufen. Insbesondere kleineren Kommunen ist diese Möglichkeit aber nicht bewusst, weil es sich hier um eine rechtlich nicht einfache Materie handelt. Deswegen sei den Kommunen zu raten, sich zusammenzuschließen und gemeinsam eine rechtliche Analyse der Klagemöglichkeiten unter Berufung auf Art. 20a GG zu beauftragen. Auch in juristischen Kreisen ist das Wissen um die Anwendungsmöglichkeiten von Art. 20a GG nicht sehr ausgeprägt. Deswegen bedarf es einer gewissen Hartnäckigkeit der Kommunen, diesen Aspekt als unverzichtbar einzufordern.

„von unten nach oben“

Vernunftkraft NRW hat eine Kampagne gestartet. „von unter nach oben“ fordert Bürger und die angeschlossenen Bürgerinitiativen auf, ihre Rats- und Gemeindevertreter, Bürgermeister und Landräte anzuschreiben und über die begründeten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des weiteren Ausbaues der Windenergie zu informieren. Gleichzeitig anzufragen, wie Gemeinde und Räte sicherstellen wollen, dass ein weiterer Ausbau nicht gegen das Staatsziel Umweltschutz nach Art. 20a GG verstößt:

    Das Grundgesetz bindet alle Staatsgewalten und damit auch die Exekutive. Als Staatsorgan unterliegt jede Kommune und jeder Politiker, also auch der Bürgermeister, die Verwaltung und alle Ratsmitglieder, der in Art. 20a GG definierten Schutzvorschrift für Natur und Umwelt. Jeder ist verpflichtet, sich ein eigenes Urteil über die Rechtmäßigkeit seines Tuns zu bilden und kann sich nicht allein auf die Verwaltungspraxis verlassen, wenn – wie hier – begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des einschlägigen Verwaltungshandelns dargestellt werden.“

Darüber hinaus regt Vernunftkraft NRW an, die Gemeinde möge eine Anfrage an Kreisbehörden und Bezirksregierungen stellen, um bei den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den weiteren Ausbau der Windenergie eine Klärung durch das Bundes-Verfassungsgericht einzufordern. Bis zur Klärung der Verfassungsbedenken sollte der weitere Windrad-Ausbau ausgesetzt werden, auch um persönliche Haftungsfolgen auszuschließen.

Auf der Seite von gegenwind-greven im Downloadbereich (ZIP-Datei) können entsprechende Musterbriefe an Gemeinden und Behörden heruntergeladen werden.

Quelle: EIFELON

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