Freitag, 14. April 2017

Von Bürgernähe weit entfernt


Leserbrief
Betrifft: Diskussionen zum Thema Windkraft im Paderborner Land. Jürgen Baur von der Dahler Initiative Windvernunft nimmt die Haltungen der Parteien unter die Lupe.

Wer als Kritiker der regionalen Windindustrialisierung die Wahlvorbereitungen der Parteien ins Visier nimmt, muss einräumen, dass die NRW-CDU ihre Positionen zum weiteren Ausbau der Windkraft nun auch programmatisch festgezurrt hat: regionale Deckelung dort, wo die Landschaften (wie im Kreis Paderborn) bereits jetzt durch Windkraftanlagen verbaut sind; nach wie vor aber nur Vages zu den Vorsorgeabständen. Klarer positioniert sich die NRW-FDP, die mit guten Gründen einen "grundlegenden Kurswechsel beim Ausbau der Windenergie" fordert (vgl. Landtag NRW, Drucksache 16/14648 vom 28. März).

Wofür aber steht die SPD? Wenn die Windkraftplanung im Paderborner Bauausschuss wieder einmal auf die Tagesordnung kommt, lautet der Tenor: Die SPD will einen weiteren Windkraftausbau - im Interesse des Gemeinwohls (F.-J. Henze, SPD). Welches Gemeinwohl? Im Falle der Paderborner Vororte (wie z. B. Dahl) ist es allein das Wohl der Landbesitzer und Investoren, während das Wohl der meisten anderen Bürger nichts gilt.

Wann wird sich wohl auch bei der Paderborner SPD die Erkenntnis durchsetzen, dass "Gemeinwohl" nicht die Privilegierung Einzelner, sondern das Wohl möglichst aller bedeutet - also auch derjenigen, die vom Windkraftausbau bloß in Mitleidenschaft gezogen werden? Wenigstens in dieser Hinsicht könnten sie von ihren Parteigenossen in Borchen einiges lernen.

In Lichtenau dagegen marschiert die SPD beim Ausbau der Windkraft vorneweg. Dort lässt Bürgermeister Jürgen Hartmann (SPD) Megaanlagen aus dem Boden stampfen, wo immer es zulässig ist. Wer die Landschaftsverbauung so frei von Skrupeln vorantreibt, braucht Schützenhilfe. Also wird die SPD-Wahlpropaganda als ein "Expertengespräch" inszeniert. Sogar zwei Paderborner SPD-Ratsmitglieder sekundieren: Lichtenau sei ein Paradebeispiel für die erfolgreiche Mitnahme der Bevölkerung bei einem so "emotional besetzten Thema" wie dem für die Energiewende "alternativlosen" Windkraftausbau! Stellt sich die Frage, woher die Paderborner Genossinnen ihre Expertise nehmen. Denn bei genauerem Hinsehen ist diese kernige Aussage in jeder Hinsicht schlichtweg falsch (vgl. dazu u. a. www.prolichtenau.blogspot.com ). Wann dämmert es der SPD, dass vor allem Sachkunde hilfreich wäre, um dem einseitigen Lobbyismus der Windindustrie und der fehlgeleiteten Windkraftpolitik in der Stadt und im Kreis Paderborn Einhalt zu gebieten?

Große Botschaften verkünden bekanntlich auch die Bündnisgrünen. Wer die Sitzungen des Paderborner Bauausschusses verfolgt, kann jedoch schnell erkennen, dass dort, abseits aller Fakten, in erster Linie Ideologie verbreitet wird. Also wird jede Beschlussvorlage, die eine Deckelung des Windkraftausbaus in den bereits überlasteten Paderborner Vororten in Aussicht stellt, von den Bündnisgrünen konsequent abgelehnt. Und im Kreis wirft sich vor allem die bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende Kerstin Haarmann im Umweltausschuss für den ungebremsten Ausbau der Windkraft ins Zeug. Denn sie weiß, wovon sie spricht, da sie in verantwortlicher Position in das Lackmannsche Windkraftimperium eingebunden ist. Was anderswo als skandalöse Verquickung von privatwirtschaftlichen und politischen Interessen angeprangert wird, ist für die Bündnisgrünen nicht einmal ein Kavaliersdelikt. Sie betreiben Kommunalpolitik als verlängerter Arm der Windindustrie - und nennen das ökologische Verantwortung!

Die Zeche dieser verqueren kommunalen Windkraftpolitik zahlen die betroffenen Bürger doppelt und dreifach: mit der industriellen Verbauung ihrer unmittelbaren Umgebung, mit ständig steigenden Stromkosten, obwohl der vielbeschworene Klimaschutz auf diese Weise dennoch nicht vorankommt, und mit den psychophysischen Belastungen, denen sie tagtäglich unausweichlich ausgesetzt sind. Bürgernahe Kommunalpolitik? Glaube es, wer will!

Jürgen Baur

33100 Paderborn